ZURÜCK
INFO,
INFO
GALERIE AUSLAGE, PÜCKLERSTRASSE 17, 10997 BERLIN
  • Über das Projekt
Der beschwerliche Reichtum

Unabhängige Künstler*innen
im Berlin der 1980er Jahre und heute



Berlin steht seit Jahrzehnten für das Versprechen eines freien, von künstlerischer Ambition geprägten Lebens.

Seit Ende der 1970er Jahre gab es sowohl in West- als auch in Ost-Berlin eine Vielzahl von unabhängigen Künstler*innen, die erfolgreich ihr Schaffen vorantrieben und sich – manchmal mitten im Kunstbetrieb, manchmal an seinen Rändern – kreative Freiräume erkämpften. Einige konnten sich international erfolgreich etablieren, andere zeichneten sich durch eine dauerhafte Verortung in der Subkultur aus.

In 2021 scheint Berlin – oder die Idee Berlins – einer der wenigen Möglichkeitsräume zu bleiben für Künstler*innen aus Orten, an denen kreativer und kritischer Ausdruck kaum oder nur eingeschränkt möglich ist bzw. es kaum Perspektiven für alternative Lebensentwürfe gibt.

Diese zwei, zeitlich getrennten Bewegungen untersucht Galerie Auslage mit ihrem Programm. In einer Reihe von Ausstellungen, Screenings, Gesprächen und Workshops treffen Künstler*innen, die erst kürzlich in Berlin eingetroffen sind, auf Künstlerinnen, die hier in den 1970er/1980er Jahren ihre künstlerische Laufbahn begonnen hatten. Das (Wieder-)Sichtbarmachen dieser speziellen Seite der Berliner (Sub-)Kultur soll Anregung und Inspiration sein – und dabei keinesfalls nur von damals nach heute strahlen. Im Zusammentreffen der Generationen werden Brüche und Kontinuitäten ausgelotet und unterschiedliche künstlerische Lebensentwürfe präsentiert und geprüft.

Neben Fenstern mit Werken der Künstlerinnen aus den 1980er Jahren werden Leman Sevda Darıcıoğlu, Pınar Öğrenci und Maria Kassab neue Arbeiten entwickeln, die im Schaufenster der Galerie Auslage präsentiert werden. Die Wahl des Schaufensters als Ausstellungsfläche eröffnet auch bei etwaig fortgesetzten Covid19-Auflagen Möglichkeiten des Besichtigens und der Begegnung.






Der beschwerliche Reichtum –
Unabhängige Künstler*innen im Berlin der 1980er Jahre und heute


Leman Sevda Darıcıoğlu — Hanna Frenzel — Anne Jud — Maria Kassab — Käthe Kruse — Erin Honeycutt — Pınar Öğrenci — Elisa R. Linn — Ulrike Ottinger — Gabriele Stötzer

Kuratiert von Alexandra Weltz-Rombach

Gesamtzeitraum: 09. April 2021 — 26. September 2021


Galerie Auslage, Pücklerstraße 17, 10997 Berlin
https://www.instagram.com/galerie_auslage/






Zu den Künstlerinnen (in chronologischer Reihenfolge):

Eine Auswahl von Hanna Frenzels Arbeiten haben wir im September 2020 bei Galerie Auslage gezeigt. Frenzel hatte vor allem in den 1980er und 1990er Jahren Furore mit ihren Performances und diese repräsentierenden Filmen und Fotografien gemacht. Verhüllen, sich Entziehen und dabei doch auf die Bühne treten, sind zentrale Themen ihrer Performances. Wir nehmen dies als Ausgangspunkt unserer Reihe.

Leman S. Darıcıoğlu’s Fokus ist die Erkundung der physischen und emotionalen Grenzen des menschlichen Körpers durch Performancekunst. Ausgehend hiervon setzt sich Darıcıoğlu in ihrer* künstlerischen Praxis mit hegemonialen politischen und gesellschaftlichen Konzepten und Normen auseinander, die von der Performancekunst bis hin zu zeit- und raumbasierten Disziplinen wie Video, Installation und öffentlichen Interventionen reichen. Für ihre* Installation und Live-Performance „I plant my seeds in here” kollaboriert Darıcıoğlu mit der Queer-Ikone Jilet Sebahat (Razor Sebahat). In einer kritischen Bezugnahme auf Ulrike Ottingers Filme „Madame X: An Absolute Ruler” und „Ticket of No Return” untersucht und verortet sie eine inklusive feministische Solidarität, die in der Kanto-Musiktradition verwurzelt ist. In Kooperation mit Performistanbul

Käthe Kruse bezieht sich in ihren aktuellen Arbeiten auf die objekthaften Produktionen der Gruppe „Die Tödliche Doris” – auf ihre Kostüme und Instrumente –, die sie für das neue Jahrtausend transformiert. Jenseits der 1980er Jahre Nostalgie entstehen Artefakte, die alles reliquienhafte abstreifen und sich als Kunstwerke eigener Originalität präsentieren. Im Jahr 2013 verwandelte sie ihr Schlagzeug in ein lederbezogenes Objekt; in einer Performance erweckte Kruse, in ein hängendes, begehbares Lederkleid gewandt, wiederum das Schlagzeug – nur war nun der Klang transformiert.

Die in Berlin lebende Künstlerin Pınar Öğrenci hat einen Hintergrund im Feld der Architektur, der ihre poetischen und auf Erfahrungen bezogenen Videoarbeiten und Installationen beeinflusst. Hier werden die Spuren von „materieller Kultur” im Zusammenhang mit erzwungener Vertreibung über verschiedene Geografien hinweg verdichtet. Ihre Arbeiten sind dekoloniale und feministische Lesarten der Überschneidungen von sozialer, politischer und anthropologischer Forschung, alltäglichen Praktiken und menschlichen Geschichten. Sie verfolgen Agenten der Migration wie Krieg, staatliche Gewalt, kollektive Bewegungen sowie industrielle und städtische Entwicklungsprojekte. Öğrenci ist Gründerin und Leiterin von „MARSistanbul”, einer Kunstinitiative, die 2010 ins Leben gerufen wurde. Sie war als Gastdozentin an der Universität Lüneburg (2017-2018) und der Hochschule für Künste Bremen (HFK, 2019) tätig und unterrichtet derzeit im Masterstudiengang „Raumstrategien” an der Kunsthochschule Weißensee Berlin. Öğrenci drehte 2020 in Berlin ihren ersten Dokumentarfilm „Gurbet is a home now”, der die städtebaulichen Prinzipien im Berlin der 1980er Jahre kritisch hinterfragt und die persönlichen Erfahrungen und die Solidarität der in Kreuzberg lebenden Migrant*innen und Gastarbeiter*innen in den Mittelpunkt stellt. In ihrem Film spielen die Gedichtzeilen des Dichters und Schauspielers Aras Ören eine wichtige Rolle. Und mit ihnen eine Aufarbeitung von Kreuzberger Geschichte, die bisher eher im Schatten geblieben ist. Für ihre neue Arbeit in der Galerie Auslage in Kreuzberg wird sie an ähnlichen Konzepten weiterarbeiten und die Darstellung der Architektur Berlins und der Migrationsthematik in der Literatur erforschen.

Anne Juds Performances bevölkerten den West-Berliner Stadtraum der 1980er Jahre. Bei Galerie Auslage werden wir ihre Arbeit „Sommerpause” (1980) präsentieren, in welcher sie 24 Stunden auf einem Sofa in einer Brache in der Nähe des Potsdamer Platzes verbrachte, sich von Freund*innen besuchen und versorgen lies, und die Ereignisse in diesem Zeitraum dokumentierte.

Mit Gabriele Stötzer ist eine Künstlerin Teil unseres Programms deren Arbeit schwerpunktmäßig in Erfurt stattfand. Nach einer Zwangsexmatrikulation gefolgt von 12 Monaten politischer Haft, wurde sie Mitglied der Erfurter Künstlerinnengruppe „Exterra XX”, begann mit Film, Performance und Mode zu arbeiten und die (private) Galerie Im Flur zu leiten. Neben temporären Aufenthalten in Berlin veröffentlichte sie auch in Untergrundpublikationen der Prenzlauer Berg Kunst- und Musikszene. Dabei blieb sie mit ihren feministischen und explizit politischen Performances und Videoarbeiten ständig im Visier der Staatssicherheit. Bei Galerie Auslage werden wir eine frühe Videoarbeit zeigen neben Fotografien von Cornelia Schleime, die eine ihrer Performances dokumentieren.

Maria Kassabs künstlerischer Schwerpunkt liegt im Bereich Video und der Fotografie. Dabei verwendet sie häufig das Bild an sich als nacktes Material, welches sie mittels handwerklich/technischer Manipulation mit einer neuen politischen Narration auflädt. Für ihre Fotoarbeit bei Galerie Auslage wird sie auf Inszenierungen von Tabea Blumenschein und Claudia Skoda zurückgreifen.

Im September wird eine Serie von Veranstaltungen unsere Ausstellungsreihe flankieren. Geplant sind unter anderem Präsentationen mit Erin Honeycutt und Elisa R. Linn, sowie eine Vorführung von Ulrike Ottingers Film „Madame X: Eine absolute Herrscherin“ (1977).

Die Ausstellungsreihe wird unterstützt durch Mittel aus der Projektförderung des Bezirks Berlin Friedrichshain-Kreuzberg.


Bitte beachtet die allgemeinen Covidregeln.
Abstand, Hygiene, Maske.

Impressum & Datenschutz